Ernährung und Bewegung als Säulen der Gesundheit

Gert Königsrainer M.sc, Ernährungswissenschaftler und Physiotherapeut im Gesundheitszentrum ST. JOSEF Meran spricht zu den Themen Ernährung, Übergewicht und gesundes Abnehmen

S.g. Herr Königsrainer, Sie haben die Adipositasabteilung am Universitätsklinikum in Tübingen geleitet und waren zuvor an den Tirol Kliniken in Innsbruck und in Hall tätig. Jetzt kehren Sie nach vielen Jahren im Ausland in Ihre Heimat zurück. Wo liegen Ihre Schwerpunkte im Bereich der Ernährung im Gesundheitszentrum ST. JOSEF Meran?

Gert Königsrainer: Es freut mich, meine Erfahrung im Bereich der multiprofessionellen Therapie von Übergewicht bis hin zur morbiden Adipositas in Meran einbringen zu können. Jedoch durfte ich am Universitätsklinikum in Tübingen auch viele Erfahrungen in anderen ernährungsmedizinischen Bereichen sammeln, welche für ein umfassendes Angebot im Gesundheitszentrum ST. JOSEF Meran in Frage kommen. Auch das Assessment und die Therapie der Mangelernährung hat einen sehr hohen Stellenwert. Dabei ist die strukturelle Anbindung des Gesundheitszentrum an das Kur und Pflegeheim ST. JOSEF eine äußerst günstige Fügung, da das Problem der Mangelernährung v.a. bei älteren und/oder chronisch Kranken zu Tage tritt.

Wie schätzen Sie den präventiven Stellenwert der Ernährung ein?

Gert Königsrainer: In meiner klinischen Tätigkeit als Ernährungswissenschaftler hat sich sehr oft gezeigt, dass mit tatsächlich geringfügigen Anpassungen des Ernährungsverhaltens langfristig sehr gute Effekte und damit Erfolge zu erzielen sind. Kleine Anpassungen in Form von Energierestriktionen führen z.B. beim Management von Übergewicht und Adipositas zu oft ausgeprägten Effekten. Wenn man bedenkt, dass eine tägliche Kalorienreduktion von 300 Kalorien in rund 20 Tagen einem Äquivalent von einem Kilogramm Körperfett gleichkommt. Das heißt, wenn man täglich 300 Kalorien einspart und dies durch entsprechende Planung und Begleitung auch durchhält, macht sich das nachhaltig an den Problemzonen, und damit auch quantitativ auf der Waage bemerkbar. Optimal wäre die Ergänzung von entsprechender regelmäßiger körperlicher Aktivität und Sport in Form von Kraft und Ausdauertraining von mindestens 150 Minuten pro Woche, um den Aufbau bzw. den Erhalt der Skelettmuskulatur zu fördern. Die Muskulatur, als größtes metabolisch aktives Organ ist in der Lage Zucker, Fett und damit viele Kalorien zusätzlich zu ‚verbrennen‘, d.h. damit ist eine Erweiterung des Gesamtkalorienumsatzes möglich.

Warum funktionieren Diäten nicht oder nicht dauerhaft?

Gert Königsrainer: Klassisch restriktive Diäten sind leider immer noch so konzipiert, dass die Lebensqualität aufgrund der teilweise sehr geringen Mengen und/oder der einseitigen Kost deutlich eingeschränkt ist. Somit können diese Interventionen unmöglich durchgehalten werden, der gefürchtete JOJO-Effekt ist vorprogrammiert, sobald der innere Schweinehund mit der Zeit zu groß wird und man wieder in alte Gewohnheitsmuster zurückfällt. Ziel sollte es sein den Lebensstil- und damit das Ernährungs- aber auch das Bewegungsverhalten so umzustellen, dass man die ‚neue Ernährung‘ zunächst erlernen- und dann auch beibehalten kann. In meiner langjährigen Erfahrung als Leiter der Adipositas-Abteilung am Uniklinikum Tübingen haben wir leider nur allzu oft erlebt, dass sehr viele Patienten erst nach unzähligen gescheiterten Versuchen abzunehmen, den vielen durchgemachten JOJO-Effekten und der damit verbundenen negativen Effekte auf Körper und Geist zu uns gekommen sind. Glücklicherweise kann man jeden Patienten, durch ein geeignetes Management, aus diesem Teufelskreis befreien. Wichtig ist ein rechtzeitiges Eingreifen durch ein multiprofessionelles Team und mittels genauer Anamnesen.

Was passiert bei einem Ernährungsgespräch im Gesundheitszentrum ST. JOSEF Meran?

Gert Königsrainer: In erster Linie ist eine genaue Anamnese von übergeordneter Bedeutung. Zunächst wird der aktuelle Status des Patienten mittels einer Körperstrukturanalyse und eines 24h Recalls (Ernährungsgespräch) erhoben. Das heißt wir schauen vor allem auf die ‚Inneren Werte‘. Gegebenenfalls kann, bei bestehendem Verdacht auf Mangelernährung, auch ein sogenanntes ‚Nutrition-Risk-Screening NRS‘ erstellt werden. Im Anschluss erfolgt ein ausführliches Ernährungsgespräch mit Ernährungsempfehlung auf individueller Basis und je nach Zielindikation. Dabei wird ein Kalorienziel festgelegt, an welchem sich der Patient mittels eines Beispieltagesplanes orientieren kann.

Gert Königsrainer ist Ernährungswissenschaftler und Physiotherapeut im Gesundheitszentrum ST. JOSEF Meran - Bozen und verfügt über ausgeprägte klinische Fachkenntnisse und einer langjährigen Berufserfahrung im Bereich Ernährungstherapie (Universitätsklinikum Tübingen). Er leitete zuletzt das multiprofessionelle Team Adipositas an der Plattform Adipositas in Tübingen.